Der Brunnen der Verrücktheit - Wer bestimmt heutzutage, was normal ist?
Februar 09, 2018
Paulo Coelho erzählt in seinem Werk „Veronika beschließt zu
sterben“ von einem Königreich, das von einem Zauberer zerstört werden
sollte. Dieser warf einen Zaubertrank in
einen Brunnen, wovon alle Einwohner, die daraus tranken, verrückt wurden. Der
König jedoch besaß einen eigenen Brunnen, sodass alle verrückt waren außer er.
Verzweifelt versuchte der König diese Situationen zu regeln, in dem er
Sicherheit - und Gesundheitsmaßnahmen verordnete. Jedoch glaubte sein Volk er
sei verrückt, weshalb sie seinen Rücktritt verlangten. So hatte seine Gattin
die Idee ebenfalls von diesem verzauberten Brunnen zu trinken. Dies geschah
dann auch: Der König und die Königin tranken vom Brunnen der Verrücktheit und
wurden nun, weil der König plötzlich weise war, von ihrem Volk akzeptiert. Der
König herrschte bis zum Ende seiner Tage.
Coelhos Botschaft
Interessant ist die Frage, welche Botschaft Coelho seinen
Lesern und Leserinnern vermitteln möchte. Coelhos Roman wurde 1998
veröffentlicht. Eine Zeit, in der das Internet oder die Medien die Gesellschaft
noch nicht beherrschten. Jedoch liegt es auf der Hand: Bereits zu der Zeit
problematisierte er das Denken der Gesellschaft, in dem man nur dazugehört und
nicht abgestoßen wird, wenn man der breiten Masse folgt. Somit wirft dieses
kleine Märchen die Frage nach Individualität und inwiefern diese von der
Gesellschaft akzeptiert wird auf.
Wie die neuen Medien die Gesellschaft verändern
Um die Metapher des Brunnens der Verrücktheit auf die
heutige Gesellschaft zu übertragen, ist es zunächst wichtig die durch die
Medien veränderte Gesellschaft zu beleuchten: Influencer, die die Meinung
junger Menschen beeinflussen, das Kämpfen um Beliebtheit auf Social-Media-Kanälen
und die Verschiebung aller politischen, wirtschaftlichen, sozialen und
gesellschaftlichen Problemen auf Online-Kanälen.
Auswirkungen auf den Lebensstil
Demnach ist ein neuer Umgang der Menschen miteinander
entstanden und die Definition von „Normal“ hat eine völlig neue Bedeutung
erhalten: Denn ist es heutzutage normal kein Smartphone zu besitzen? Ist es
normal, dass man auf Facebook nicht erreichbar ist? Ist es normal, dass man
sich isoliert und nicht den Trend verfolgt die selbe Kleidung zu tragen wie die Stars
und Influencer auf Instagram? Nein. Denn es gibt Veränderungen in der
Gesellschaft, die sich so etabliert haben, dass es nicht mehr „normal“
erscheint, nicht nach diesen Veränderungen zu leben. Veränderungen die
vorschreiben, dass es merkwürdig ist, wenn nicht mindestens ein
Social-Media-Account angelegt wurde. Hier soll man – wie Instagram so schön
sagt- die „Highlights“ seines Lebens festhalten, den Menschen zeigen, dass man
beliebter, perfekter und schöner ist als der andere. Ein Idealismus, nachdem
alle streben. Aber ein Idealismus, dem man sich nicht leicht entziehen
kann.
Der Wert der Individualität
Die Folge ist klar: Anpassung aus Angst vor Abstoßung. Denn
nach nichts sehnen wir uns mehr als das Bedürfnis dazu zugehören. Doch
vergessen wird dabei, dass jedes Individuum ein Unikat ist. Ein Unikat, was die
Fähigkeit besitzt, die Inhalte, die durch Medien vermittelt werden kritisch zu
hinterfragen. Ein Unikat, das erkennen sollte wie besonders ihn seine
individuellen Ansichten und Lebenseinstellungen machen. Daher: Trinkt nicht vom
vergifteten Brunnen. Denn ein wahrer König und eine wahre Königin, die in die
Weltgeschichte eingehen, haben den Mut sich durch zu setzen. Erkenne die
Besonderheit deiner Individualität und lasse kein Raum für die Macht der Medien
dein Leben zu beherrschen.
Dalida Warto
Matrikelnr: 5159600
Texten für's Web
Technische Hochschule Mittelhessen
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